„Metamorphosen eines Gewächshauses“ | ![]() |
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Angelika Schneiders Beitrag zum Tempelherrenhaus in Weimar – „Metamorphosen eines Gewächshauses“, greift noch einmal auf vorangegangene Epochen zurück. Am Beispiel des alten Orangenhauses im Welschen Garten in Weimar beschreibt sie die „Vorgeschichte“ der Orangenkultur in Belvedere. Die Entwicklung dieses Hauses von einem Gewächshaus über ein Orangenhaus zu einem „Gothischen Salon“ mit nachfolgender Umnutzung zu einem Parkorangenhaus und anschließender Nutzung zum Sommerhaus der großherzoglichen Familie hin zu einem heute noch erhaltenen, ruinösen Staffagebauwerks im Park an der Ilm, zeichnet die Grundlinien der Gartenkunstgeschichte nach. Sie zeigt, dass die Anfänge der Orangeriekultur auch in Thüringen vor dem Dreißigjährigen Krieg zu belegen sind, wenn auch die Quellen wiederum nur spärliche Angaben erlauben. Allerdings unterlaufen ihr in ihrer Darstellung der Entwicklungsgeschichte einige wenig überzeugende Interpretationen: Die 1650 von dem Weimarer Baumeister Johann Moritz Richter, der auch für den Wiederaufbau der Residenz nach dem großen Krieg genannt wird, entworfene „Schnecke“ kann m. E. nicht mit einem „Lindenhaus“ genannten Gebäude identifiziert werden (S. 97), es stellt vielmehr ein Treillagepavillon dar, von denen Merians Stich (1650) allerdings mehrere enthält. Auch erstaunt die Tatsache, dass 1668/70 ein neues „Gewächshaus“ (S. 97) im Welschen Garten erbaut wurde, obwohl der Herzog Johann Ernst II. (1627-1683) kein Interesse an der Gartenkunst gehabt haben soll, keineswegs. Erstens werden hier wieder die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges nicht berücksichtigt und zweitens wird nicht beachtet, dass der Bau eines Gewächshauses zur damaligen Zeit durchaus auch wirtschaftliche Funktion hatte – und eben nicht nur der Gartenlust des Fürsten diente oder gar Ausdruck fürstlicher Verschwendungssucht waren. Dieses Argument ist ein bürgerliches des 19. Jahrhunderts nach der Französischen Revolution und kann nicht rückwirkend auf das Verhalten eines Fürsten im 17. Jahrhundert angewendet werden! Diese Beispiele mögen genügen, um zu verdeutlichen, dass für die Auswertung historischer Gartenakten ein faktisches und chronologisches Beschreiben allein zu einigen Fehleinschätzungen führen kann. Grundlegende historische Kenntnisse der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse der jeweiligen Gesellschaft sind notwendig, um zu einer plausiblen Interpretation der Befunde zu kommen. Ein Planvergleich der zahlreichen Weimarer Stadt- und Gartenpläne, nicht nur der abgebildeten, hätte doch eindeutigere Erkenntnisse insbesondere der früheren Entwicklungsgeschichte des Welschen Gartens im 16. und 17. Jahrhundert gebracht. Im zweiten Teil hätte das Studium der zahlreichen sekundären Literatur zur „Gotik“ bzw. zur „Neo-Gotik“, die in keiner Fußnote erwähnt wird, doch zu weitergehenden Interpretationen des Tempelherrenhaus geführt, das erst im Zweiten Weltkrieg zur Ruine gebombt wurde.
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